Fachkräftemangel Handwerk und volle Auftragsbücher
Kundschaft braucht Geduld

Eine schlechte Kombination: Boom & Personalmangel
Auf der Frühjahrskonferenz in Chemnitz machte der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Holger Schwannecke deutlich, dass der Bedarf an Fachkräften enorm sei. 53 Handwerkskammern waren vertreten und diskutierten über die beunruhigende Lage. Obwohl das Handwerk an Schulen wirbt und Imagekampagnen durchführt, blieben im vergangenen Jahr 17.000 Lehrstellen in Deutschland unbesetzt. Rund 25.000 Handwerker fehlen momentan. Hinzu kommt, dass etwa 200.000 Betriebe bundesweit in den kommenden Jahren einen Nachfolger benötigen.
Anfang des Jahres machte DasHandwerk unter anderem mit folgender Imagekampagne auf sich aufmerksam:
Werbung allein wird aber nicht reichen, um den Mangel an Handwerkern auszugleichen. Stattdessen fordern Experten bessere Arbeitsbedingungen und eine stärkere Tarifbindung, um die Branche attraktiver zu machen. Die Abschaffung der Meisterpflicht in zahlreichen Berufen, darunter Fliesenleger, hat eine Entwicklung hin zur Dequalifizierung angestoßen, die wiederum den Qualitätsstandard negativ beeinflusst. Außerdem sorgt die Tatsache, dass weniger Unternehmen einen Meisterbrief vorweisen können dazu, dass weniger ausgebildet wird. Ein Lichtblick könnte sich für 2020 ankündigen, wenn ein potenzielles neues Gesetz die Meisterpflicht wieder ausdehnt. SPD und Union planen die Handwerksordnung zu ändern und hierzu einen Gesetzesentwurf im Sommer 2019 zu erarbeiten.
Am 24. April 2019 präsentierte der Bayerische Handwerkstag (BHT) aktuelle Zahlen. Demnach sei die Zahl der Personen, die im Handwerk tätig sind mit circa 941.000 zwar leicht gestiegen, um den Bedarf zu decken, sei das aber nicht genug. Betriebe, die Aufträge aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht direkt ablehnen, müssen Kunden oft ein Vierteljahr vertrösten. Besonders verschärft, hat sich die Situation in der Baubranche im Osten Bayerns. Über 15 Wochen müssen Kunden dort teilweise Geduld haben. Insbesondere die beiden Branchen Ausbau und Bau werden von Aufträgen regelrecht überschwemmt und benötigen dementsprechend dringend Personal.
Massenhaft Aufträge müssen koordiniert werden
Der immense Andrang wirkt sich auf den Arbeitsalltag von Handwerkern nicht nur positiv aus. Zwar sind Betriebe dankbar für Neukunden und das damit verbundene Wachstum, müssen aber mit zunehmendem Stress zurechtkommen. Das Jonglieren mit Kapazitäten bringt so manche Fach- und Führungskraft an persönliche Grenzen. Um die Auswahl und Koordination von Projekten zu verbessern, lohnt sich die Nutzung innovativer Software-Lösungen, Tools und Apps, welche alltägliche Probleme lösen.
Die ibau GmbH aus Münster hat sich auf die Auftragsakquise spezialisiert und hilft Kunden bei der Suche nach öffentlichen Ausschreibungen, die zum betrieblichen Know-how passen und bietet Unterstützung für den Vertrieb. Das Bauportal ibau Xplorer gehört zum Produktportfolio des Unternehmens und stellt die recherchierten Informationen zu Bauprojekten gebündelt bereit, um Networking und somit die Projektarbeit zu vereinfachen. Es sind mehr als eine Million Bauprojekte hinterlegt, darunter nichtöffentliche Aufträge und der Zugriff auf das Portal ist sowohl im Büro als auch via Applikation über Mobilgeräte möglich. Weitere Angebote, die in hektischen Zeiten besonders nützlich sein können:
- Zeit-Management: Wenn das Team überlastet ist, wird Zeit-Management umso wichtiger. Zur Digitalisierung der Zeiterfassung lohnt sich ein Blick auf die kostenlose Software Clockify. Jeder Mitarbeiter kann seine Arbeitszeit mit einer Applikation über das Smartphone ins System eingeben. Vorgesetzte können die Daten anschließend auswerten und Kalkulationen durch Abgleichen mit dem prognostizierten Arbeitsaufwand besser bewerkstelligen.
- Slack: Nicht kostenlos, aber dennoch hilfreich. Das Tool führt die interne Kommunikation zusammen, macht zeitgleiches Bearbeiten von Dokumenten möglich und das Integrieren von Onlinediensten wie Google Drive.
- Evernote: Macht Schluss mit Fresszetteln. Sowohl auf dem Schreibtisch, als auch in Nutzfahrzeugen. Mit der Notizsoftware können Unternehmen Checklisten bereitstellen und Handwerker machen sich auf smarte Art Notizen. Letztere lassen sich unterwegs einsehen und verwalten.
Löhne: Erhebliche Kluft zwischen den Standorten
Angesichts des Booms im Handwerk, könnte der Eindruck entstehen, dass es den Fachkräften der Branche gut geht. Je nach Region und Beruf stimmt das auch. Es gibt jedoch genug Fachkräfte, die mit niedrigen Löhnen zufrieden sein müssen. Das durchschnittliche Jahresgehalt von Handwerkern liegt bei über 40.000 Euro brutto. Besonders gut verdienen Meister. Einfluss auf das Gehalt hat unter anderem die Größe des Unternehmens. In kleineren Betrieben wird in der Regel schlechter bezahlt.
Auch der Standort ist ein entscheidender Gehaltsfaktor. Besserverdiener sind derzeit beispielsweise in Bremen und Frankfurt am Main zu finden. Ein Blick auf die Flächenländer zeigt: In Baden-Württemberg dürfen Handwerker mehr Geld für ihre Arbeit erwarten. Besonders knapp fällt das Gehalt in Sachsen-Anhalt aus. Die Differenz beträgt über 10.000 Euro jährlich.
Das moderne Handwerk: Ein Booster für den Mittelstand
Trotz aktueller Probleme bei der Personalbeschaffung gilt das Handwerk als elementare Säule des Mittelstands der Bundesrepublik. Mehr als 130 Berufe in Bereichen wie Holz & Kunststoff, Bau & Ausbau, Lebensmittelhandwerk oder Metall & Elektro warten darauf entdeckt zu werden. Bis heute ist die Branche in Deutschland Ausbilder Nummer 1.
Die Optionen zur Aus- und Weiterbildung sind vielfältig. Das Angebot an Dienstleistungen und Produkten zeigt sich hochwertig, Einfallsreichtum sowie Flexibilität sind Standard. Für Unterstützung in Sachen Ausbildung, Weiterbildung, Beratung, Technologie-Transfer und Interessenvertretung sorgen Handwerksorganisationen mit entsprechender Infrastruktur.
Ursachen des Fachkräftemangels
Schon seit einigen Jahren spricht man in Deutschland von einem massiven Fachkräftemangel. Nur: Wie kommt es eigentlich dazu? Es gibt dafür gleich mehrere Gründe. Zum einen liegt der Fachkräftemangel am demografischen Wandel. Es sind zu viele ältere Menschen auf „dem Markt“, der Nachwuchs fehlt.
Der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt in den letzten Jahren und zwar weg von einem Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt. Ausgebildete Bewerber müssen heute meistens nicht mehr etliche Bewerbungen schreiben, bis sie eine Zusage bekommen. Vielmehr ist es umgekehrt: Die Arbeitgeber müssen regelrecht um die Gunst der Bewerber buhlen.
Der Fachkräftemangel liegt unter anderem an der Digitalisierung und an der Robotik. Viele Berufe sind einfach heute nicht mehr erforderlich oder haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren. Viele Sicherungs- und Überwachungstätigkeiten werden künftig wegfallen, weil die Arbeit künftig von Robotern erledigt werden kann.
Hinzu kommt, dass viele junge Menschen heute keinen handwerklichen Beruf mehr ergreifen, sondern vielmehr studieren wollen. Das Ansehen hat sich gewandelt. Keiner mehr will „nur“ Handwerker sein, die Gewichtung und die gesellschaftliche Akzeptanz sind bei Hochschulabsolventen größer, zumindest vermeintlich. Das kann fatale Auswirkungen haben.
Außerdem gibt es eine Landflucht, das heißt, viele Menschen wandern in Großstädte ab und das führt zu einer Mangelsituation in ländlichen Gebieten. Aber es fehlen nicht nur Handwerker, sondern auch Ärzte und zwar gerade auf dem Land. Dort müssen Patienten oftmals bis zu 60 Kilometer weit fahren, um zum nächsten Arzt zu kommen. Dieser Zustand wird durch ausländische Kräfte nicht unbedingt besser, weil auch diese sich vermehrt in städtischen Gebieten bewerben.
Maßnahmen gegen Fachkräftemangel?
Es gibt durchaus Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.
- Ausbau der Ausbildungen
Der Nachwuchs soll in Ausbildungen gelockt werden. Wie kann das bewerkstelligt werden? Zum Beispiel durch frühzeitige Angebote, etwa Ferienjobs oder Praktika. Schon in der Haupt- oder Realschule sollten Firmen sich und ihre Angebote vorstellen.
- Fachkräftesicherung durch Bindung der Mitarbeiter
Je höher die Bindung zum Unternehmen ist, desto weniger ist die Gefahr, dass diese abwandern. Um die Bindung zu stärken, ist ein gesundes Betriebsklima, aber auch Sozialleistungen und die Möglichkeiten, sich permanent weiterzubilden, essentiell. Für Familien wird ein Betrieb attraktiver, wenn er Betreuungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten erlaubt.
- Mitarbeiter/innen in der Rente
Der demografische Wandel ist einer der Hauptgründe für den Fachkräftemangel. Wie wäre es also, Rentner und Rentnerinnen, die dazu bereit sind, einzusetzen? Immerhin zeigten bei Umfragen 20% die Bereitschaft, in Teilzeit weiter zu arbeiten.
- Mehr Diversität
Sowohl Digitalisierung als auch Internationalisierung sprechen dafür, Mitarbeiter aus Zuwanderungsnationen einzustellen.
Folgen von Fachkräftemangel?
Die Folgen können gravierend sein. Immerhin ist Deutschland ein wichtiger Wirrtschaftsstandort. Wenn qualifizierte Arbeitskräfte fehlen, wird das Wirtschaftswachstum erheblich gebremst. Wenn der Mensch als Arbeitskraft fehlt, wird es für Unternehmen schwierig, ihre Dienstleistungen oder ihre Waren an den Mann zu bringen. Das wiederum bedroht irgendwann einmal die gesamte Volkswirtschaft.
Aber es geht nicht nur um Produktivität. Fachkräftemangel gibt es nämlich auch in Pflegeberufen. Deshalb wird sich in nächster Zeit immer mehr die Frage stellten, wie der Bedarf an Pflegekräften abgedeckt werden soll in einer Gesellschaft, die immer älter wird.
Wie hoch ist der Fachkräftemangel in Deutschland?
Der Fachkräftemangel in Deutschland ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Im Baden Württemberg ist er ganz besonders drastisch zu spüren, hier werden 83 % aller Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben. Umfragen zufolge sieht jedes 3. Unternehmen im Fachkräftemangel ein akutes Risiko. Im Bundesland Berlin sind es hingen nur 38%. In Thüringen und Rheinland Pfalz hat sich die Situation in der letzten Zeit deutlich verschlechtert.
Der Fachkräftmangel tritt vor allem in ländlichen Regionen auf und man prognostiziert, dass sich der Kampf um Fachkräfte gerade in diesen Regionen noch verschärfen wird.
Laut einer Prognose des Instituts für Wirtschaft in Köln fehlen bis zum Jahr 2031 ca. 288.000 Fachkräfte in Deutschland.
In welchem Bereich fehlen Fachkräfte?
Vom Fachkräftemangel sind mittlerweile viele Branchen betroffen.
Dazu zählen vor allem:
Der MINT Bereich
MINT Berufe, darunter versteht man Berufe aus den Bereichen Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technik. Dahinter verbirgt sich also eine ganze Vielzahl von Berufen. Besonders betroffen vom Fachkräftemangel ist hierbei der Bereich Technik.
Pflegeberufe
Dass Pflegepersonal Mangelware ist, ist schon länger bekannt. Pflegeberufe sind besonders betroffen, vor allem in der Altenpflege gibt es viel zu wenig Bewerber. Man versucht, sich mit Mitarbeitern aus dem Ausland zu behelfen. Ebenfalls knapp sind Fachkräfte im Bereich Rettungsdienst und Geburtshilfe.
Handwerkliche Berufe
Seit dem Jahr 2004 gibt es keine Meisterpflicht mehr. Ein Betrieb, der keinen Meisterbrief hat, bildet jedoch weniger aus. Das und die Tatsache, dass viele Schulabgänger lieber studieren als eine Ausbildung im Handwerk absolvieren, hat dazu geführt, dass Handwerker knapp sind.
Medizin
Die Geburtenrate nimmt schon lange ab, das durchschnittliche Alter steigt. Wenn in einer Gesellschaft viele alte Menschen wohnen, bringt das einen hohen ärztlichen Behandlungsbedarf mit sich. Dem gegenüber stehen zu wenige Ärzte – sowohl im Krankenhaus als auch niedergelassene Ärzte. Vor allem zeigt sich das in ländlichen Gebieten.
Sozialer Bereich
Weil im sozialen Bereich die Ausbildung lang und die Bezahlung meist schlecht ist, gibt es auch hier einen Mangel. Es gibt schlichtweg zu wenig Erzieher/innen.
Welche Fachkräfte sucht Deutschland?
Genau die im zuvor genannten Absatz Fachkräfte fehlen. Da heißt: In Deutschland sind Fachkräfte aus technischen Berufen, aus Pflegeberufen, aus sozialen Berufen, Handwerker und Ärzte besonders dringend gesucht.
Vielfach werden diese Stellen schon mit Bewerbern aus dem Ausland abgedeckt, dennoch wird wohl langfristig eine Strategie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Deutschland unumgänglich sein.
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